Neuer Entwurf Belegungskonzept für die Münchner Schulsporthallen: Turnvereine sehen große Risiken für Mitglieder
München, 24. Juni 2024 (BTV) – Sorge um Trainingsmöglichkeiten: Die Stadt München verteilt die Belegungszeiten sämtlicher Schulsporthallen für alle Sportarten neu. Das Ziel: Das Schaffen von Stammhallen für die Vereine und Fairness bei der Verteilung. Dafür prüfte sie die Mitgliedszahlen und ermittelte den Bedarf. Im Mai 2024 erhielten die Münchner Vereine den Erstentwurf für das neue Belegungskonzept. Doch trotz der durchwegs positiven Zielsetzung gibt diese erste Version Anlass zur Sorge. Gerade die Turnvereine, die ganzjährig auf Hallen angewiesen sind und mit über 96.000 Mitgliedern in München die zweitstärkste Sportart darstellen, sehen große Risiken für ihren Trainingsbetrieb.
„Nach dem Erscheinen des Erstentwurfs zur Hallenneuverteilung erreichten uns zahlreiche negative Reaktionen aus den Turnabteilungen der Vereine“, erklärt Sabine Sickinger-Menzel, Vorsitzende des Turngau München. „Das Konzept soll Vereinen mehr Zugang zu Hallenkapazitäten ermöglichen, besonders im Kinder- und Jugendbereich. Und doch trifft viele Mitgliedsvereine insbesondere eine Reduzierung der bisherigen Trainingszeiten. Dazu berichten die Vereine auch von weiteren großen Herausforderungen, wie unpassende Hallengrößen oder weite Entfernungen vom Einzugsbereich.“
Bis 5. Juni 2024 konnten daraufhin sämtliche Sportvereine Änderungswünsche an das Zentrale Immobilien Management der Stadt München melden. Dies nutzten die Vereine und gaben ihren zusätzlichen Bedarf an. Da die Stadt jedoch mit dem Erstentwurf mitteilte, dass dabei alle verfügbaren Hallen verteilt wurden, stehen die Chancen auf Erweiterung der Hallenzeiten wohl schlecht.
Ehrenamt im Sport: Münchens Vereine in der Krise
Aktuell heißt es also zittern für die Sportvereine. Während Eltern schon die Trainingszeiten für das neue Schuljahr erfahren möchten, wissen die Vereine nicht einmal, wann sie generell über Hallenzeiten verfügen und ob sie noch genug Trainingsmöglichkeiten für alle Mitglieder haben werden. Diese Ungewissheit trifft in vielen Fällen besonders hart, da zu großen Teilen Trainerinnen, Trainer sowie Vereinsvorstände im Ehrenamt tätig sind und die Organisation in ihrer Freizeit durchführen. Das Ehrenamt ist das Herzstück des deutschen Vereinslebens, besonders im Sportbereich. Freiwillige Helferinnen und Helfer leisten unzählige Stunden, um Sportangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in allen Altersgruppen zu ermöglichen. Das neue Belegungskonzept – im Erstentwurf – scheint das Ehrenamt in seiner Arbeit eher zu hemmen als zu unterstützen.
Gefahr für die Vielfalt des Turnsports
„Turnen vereint sehr viele Bereiche“, erklärt Christine Königes, Präsidentin des Bayerischen Turnverbands. „Die Angebote der Vereine reichen von frühkindlicher Entwicklung der Motorik im Eltern-Kind-Turnen bis hin zur Seniorengymnastik. Zahlreiche Stunden richten sich an den Breitensport und sorgen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen für den wichtigen Ausgleich zum oft im Sitzen verbrachten Alltag. Doch auch im Bereich Leistungssport sind zahlreiche Vereine in München aktiv und fördern die Talente.“
Turnen gilt als Grundlage für viele Sportarten. Das Erlernen von komplizierten Bewegungsabläufen an verschiedenen Geräten schult das Bewegungsgefühl und die Körperkoordination. Gerade die frühen Stunden für kleine Kinder litten bereits in der Vergangenheit durch das Konzept Ganztagsschulen, dass Vereine vor 16 Uhr aus den Hallen aussperrt. Die aktuelle Hallenumverteilung könnte nun einen neuen Einschnitt darstellen – sodass betroffene Vereine schon jetzt davon sprechen, keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen zu können. Dies trifft insbesondere die Kleinsten, für die der Sport elementar ist, da ihre Eltern sie oft ab dem ersten Lebensjahr versuchen im Verein anzumelden. Bereits heute, vor der Umverteilung, stoßen sie dabei auf Grenzen. Viele Turnvereine führen schon jetzt Wartelisten, da die bisherigen Hallenzeiten schon nicht ausreichten.
Neue Hürde nach Corona
Viele Turnvereinsmitglieder und Vorstände fühlen sich von der Verwaltung im Stich gelassen. Langjähriger Vorstand Joachim Menzel vom SDT München e.V. bringt es auf den Punkt: „Nach 60 Jahren im Verein und über 30 Jahren im Vorstand fällt es mir schwer, den Sinn oder den Nutzen dieser Vorgehensweise zu erkennen. Die Einschränkungen der Corona-Pandemie hatten schon ihre Spuren hinterlassen. Viele Vereine kämpften darum, ihre Sportstunden wieder zum Laufen zu bringen und Trainer*innen für ihre Angebote zu finden. Das war in den letzten zwei Jahren auch erfolgreich - wir haben für alle Stunden wieder Trainer*innen im Einsatz: für Kinder, Erwachsene und ein paar Ballsportarten im Breitensport. Auch sind wir sehr dankbar über die Treue unserer Mitglieder. Nun steht dieser Verein vor neuen Hürden, da ihm die dringend benötigten Hallenkapazitäten entzogen werden.“
Wunsch an die Stadt München
Aktuell bleibt den Vereinen noch die große Hoffnung, dass die eingereichten Wünsche seitens der Stadt München berücksichtigt werden und adäquate Lösungen gefunden werden. Der BTV mit dem Turngau München ist jederzeit offen in Gespräche zu gehen und bietet an, aktiv an der Optimierung mitzuarbeiten. Es sind nämlich die Ehrenamtlichen, die die Sportangebote am Laufen halten, die sich um die Belange der Mitglieder kümmern und den sozialen Zusammenhalt fördern. Ohne ihre Arbeit würde das Vereinsleben, wie wir es kennen, nicht existieren. Es ist daher dringend notwendig, diesen ersten Entwurf der Stadt München nochmals kritisch zu überprüfen und sich in die Lage des Vereins und seiner Mitglieder zu versetzen. Ehrenamt im Sport: Es ist Zeit für Unterstützung, nicht für Hindernisse!